Einen schönen ersten Dezember wünsche ich euch. In Weihnachtsstimmung bin ich wie immer nicht, aber das kennt man ja schon von mir. Stattdessen gibt's heute aber was anderes zu feiern: nämlich den zweiten Geburtstag meines Blogs. :D Ich hätte nicht gedacht, dass ich den so lange durchhalte, und zwischendurch war ich ja auch ziemlich inaktiv. Jetzt bin ich aber ganz froh, dass ich wieder etwas aktiver bin. Beschenkt hab ich mich selbst auch schon: nicht direkt zum Bloggeburtstag, aber man muss sich ja mal was gönnen, ne? Also kriege ich heute eine neue Kommode geliefert, treffe mich nachher mit einer Freundin und probiere endlich den Amaretto-Kakao vom Weihnachtsmarkt (oder den Bratapfelpunsch ... hmmmm, Glühwein) und kaufe mir, sofern ich den finde, eine Flasche Vinho Verde, weil Vinho verde einfach toll ist. Und in der Zwischenzeit "beglücke" ich euch mit einem ... nun, interessanten Machwerk. Ich habe es ja schon angekündigt, und ich mag es einfach zu gerne, mich selbst zu verarschen. Nun denn ... viel Spaß damit. Ich hafte nicht für eventuelle Hirnschäden und Ohrwürmer.
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Dunkelheit umfing mich.
Undurchdringbare Dunkelheit, fast so, als wäre ich körperlos, gefangen im
großen Nichts. Ein beängstigender Gedanke.
Was zur Hölle war geschehen? Eben hatte ich mich doch noch mit diesem Hurensohn
geprügelt. Mit wem? Kenn ich den? Aber
schön, dass schon im dritten Satz ein Schimpfwort kommt. Ein kleiner
Feigling, der gleich seine ganzen Kumpels geholt hatte, weil er sich nicht traute,
allein zu kämpfen. Ah, das sagt
natürlich alles. Und hmm, kleiner Feigling. Könnte ich jetzt auch gut
vertragen. Oder lieber gleich was Härteres. Oder doch nicht? Entscheide dich mal. Meine Erinnerung
an die letzten Ereignisse war nur sehr verschwommen, wie an einen Traum. So
weit entfernt, so lange her.
Sie hatten sich geprügelt. Wer denn? Und
wie! Und dann… dann hatte die Autorin
keine Ahnung mehr. Und deshalb muss der Leser sich die Hälfte selbst denken.
Heutzutage ist doch jeder Hellseher. Bevor ich auch nur einen weiteren
Gedanken daran verschwenden konnte, lichtete sich die Dunkelheit endlich und
ich erkannte zwei nackte Füße, die auf etwas merkwürdig Weichem und Weißem
standen. Erst jetzt merkte ich, dass ich auf der Seite lag. Ich musste wohl
ohnmächtig geworden sein you don’t say,
bei dem unfairen Kampf keine große Überraschung. Vermutlich war ich jetzt im
Krankenhaus und die Polizei wartete schon darauf mich in mein nächstes
"Quartier" zu bringen sobald ich wieder gesund war. Und deshalb stehen auf deinem Bett auch
zwei nackte Füße. Sind’s denn nur die Füße oder ist da auch noch ein Mensch
dran. Verdammter Mist! Vorsichtig drehte ich mich auf den Bauch und
versuchte, mich hochzustemmen. Zu meiner großen Überraschung ging es ganz
leicht. Aber nach der Prügelei müsste ich doch schwer verletzt sein! Blitzmerker. Vielleich fällt dir auch
gleich auf, dass das hier nicht unbedingt nach einem Krankenhaus aussieht.
Nun, vielleicht schlief ich eigentlich noch und träumte nur etwas Verrücktes.
Entschlossen stand ich vollständig auf und sah mir den Besitzer der Füße an. Aha, da hängt also tatsächlich noch jemand
dran. Whew. Dem musste ich mal eine Pediküre empfehlen - zu dumm, dass ich
kein Kosmetikstudio kannte.
Es war ein Mann, bestimmt schon um die siebzig, mit einem langen, weißen Bart
und einem weißen Hemd, über seinem Kopf schwebte etwas Leuchtendes… weil er nämlich zu nah am Atomkraftwerk
gewohnt hat und nun ständig strahlt. Haha. Ein Schenkelklopfer. Schlagartig
erinnerte ich mich wieder daran, was bei der Prügelei passiert war. Erst waren
es nur Schläge gewesen. und dann hatte einer der Idioten ein Messer gezückt und
war auf mich losgerannt. Aber dann war ich ja...
„Oh nein! Nein nein nein nein nein! Nicht doch!“
„Ich fürchte schon“, antwortete Petrus mir mit einem wohl mitfühlend gemeinten
Lächeln. Hä? Woher weißt du denn, dass
das Petrus ist? Aber ich vergaß ja, die Leser sind Hellseher. Es erinnerte
mich an das Grinsen eines Hais. Haie
können grinsen? Die reißen doch eher ihr Maul auf. „Ich muss sagen, im Tod
sind Sie scharfsinniger als im Leben. Naja…
Darüber lässt sich streiten. Das muss wohl daran liegen, dass Alkohol hier
keine Wirkung mehr hat.“ Also mir kommt
er immer noch ziemlich besoffen vor.
„Uh-huh…“ war alles was ich herausbrachte. Ohne Alkohol war mein Hirn eher
weichgekocht und nutzlos. Mit Alkohol
wohl auch, wenn man sich dein bisheriges Leben so ansieht.
Das konnte ja heiter werden. Ob der mich durchlassen würde? Wohin denn? Na, ich kann’s mir schon
denken. Die Leser bestimmt auch. Hellseher und so halt. Ich schielte nervös
auf die silbernen Gitterstäbe hinter ihm. Hübsch war das hohe Tor, verziert mit
Engeln und anderen religiösen Dingen die ich nicht einordnen konnte. Aber davon
ließ ich mich nicht ablenken. Hast du
doch gerade. So hübsch es auch war, es war vor allem eines: geschlossen.
Und etwas sagte mir, dass es das auch bleiben würde.
„Mr… Charles Wilson, habe ich Recht?“ Inzwischen hatte Petrus ein dickes Buch
hervorgeholt, in dem er stirnrunzelnd blätterte. Ich schluckte.
„Charlie… alle meine Freunde nenne mich Charlie.“ Klar, der Petrus wirkt auch so, als würde er unbedingt dein Freund
werden wollen.
„Gut, Charlie. Dann wollen wir doch
mal sehen… aha! Mehrfacher Diebstahl, Erregung öffentlichen
Ärgernisses..."
„Das sind doch alles nur
winzig kleine Kavaliersdelikte! Nichts weiter! Sind schon längst vergeben und
vergessen!“, fuhr ich dazwischen. Irgendwie musste ich verhindern, dass er
weiterlas. Das Schlimmste hatte er ja noch gar nicht gesehen. Ach, dann bist du doch scharfsinniger, als
ich dachte. ICH hätte keine Ahnung, was in dem Buch noch drinsteht. Doch
Petrus ließ sich von mir nicht beeindrucken und blätterte munter weiter.
„Soso, Kavaliersdelikte.“ Seine
Stimme hatte einen säuerlichen Klang angenommen und das Lächeln, das er mir
schenkte, hätte mich spätestens jetzt um die Ecke gebracht…wäre ich nicht schon
tot gewesen, natürlich. Hey… die Stelle
finde ich gar nicht mal so übel. Passt zu Charlie.
„Dann war der Bankraub letztes Jahr also auch nur ein Kavaliersdelikt. Winzige Sache, längst vergessen?“
„Äh…“
„Soweit ich weiß, ist eine der Geiseln dabei fast ums Leben gekommen.“
„Uhm…“ Ich merkte, wie sich ein dünner Schweißfilm auf meiner Stirn bildete.
„Nun ja… aber nur fast, oder? Ich
hätte es nicht über mich gebracht, ihn tödlich
zu verletzen.“ Ja wen denn? Irgendwie
irritieren diese ständigen Personalpronomen ohne zugehörigen Menschen doch ein
Wenig. Fast so schlimm wie Füße ohne zugehörigen Menschen. Wirkte das jetzt
reumütig? Zumindest klang ich doch verzweifelt genug. Ach, der Petrus hat dich ja schon Charlie genannt. Bestimmt wird er mal
eine Ausnahme machen, wenn ihr erst einmal Best Buddies seid. Hat bisher
bestimmt bei jedem geklappt.
„Da sind die alle doch auch
längst schon drüber weg! Außerdem war das eher so ‘ne Art Robin-Hood-Aktion.
Geld von den Reichen stehlen und es anschließend den Armen geben. Nur dass… wir in dem Fall eben die Armen waren.“ Davon wird der Petrus sich sofort
umstimmen lassen.
Ich blickte Petrus hoffnungsvoll an, doch er verzog keine Miene. Echt nicht? Ich hätte Charlie ausgelacht.
"Ich mein, wir haben das Geld dringend gebraucht. Nun komm schon, kann der
alte Herr nicht mal ‘ne Ausnahme machen? Wir sitzen doch alle im selben Boot.
Nich‘?“
„Der alte Herr, wie du ihn nennst,
hat außerdem noch Gotteslästerung auf die Liste gesetzt, dazu Lug, Betrug und
Manipulation für eigennützige Zwecke. Diese Punkte haben Sie soeben schon mal
bestätigt. Nun, bei mir kommen Sie damit nicht sonderlich weit.“
Das war‘s also. Ich hatte mich um Kopf und Kragen geredet. Obwohl, wenn ich
nochmal darüber nachdenke, hätte es sowieso keinen Unterschied gemacht. You don’t say …
„Nun, Mr. Wilson, ich fürchte, mit so einer langen Liste an Sünden kann ich Sie
leider nicht in das Reich Gottes lassen, so leid es mir auch tut. Sie müssen in
die andere Richtung.“ Von wegen leid! Der alte Mistkerl grinste doch innerlich
wie ein Honigkuchenpferd! Bestimmt zog er das jeden Tag mit tausenden durch. Es
machte ihm Spaß, Leuten die Stimmung zu vermiesen.
„Fuck!“, schrie ich endlich das hinaus, was ich schon die ganze Zeit gedacht
hatte, „Fuck! Fuck! Fuck!“ Du benutzt
wohl echt gerne Schimpfworte, was? Klar, das ist „cool“.
Petrus seufzte leise auf und schrieb etwas ins Buch. Ich starte ihn entgeistert
an.
„Damit kommt also noch mehr Gebrauch von Schimpfwörtern dazu. Wie. Erst jetzt? Der scheint mir eher einer
zu sein, der fast nur in Schimpfwörtern spricht. Wie sehr möchten Sie die
Liste denn noch verlängern, Mr. Wilson?“
„Wieso?“, fragte ich ärgerlich. Irgendwie wollte ich ihn ärgern, es ihm
zumindest etwas ungemütlicher machen bevor ich gehen musste. „Ich komme doch eh
in die Hölle. Da kann’s Ihnen doch egal sein, ob und wie viel ich fluche. Fuck!
Scheiße! F-"
„Muss ich Sie daran
erinnern, dass sich Ihre Zeit da unten mit jeder Sünde verlängert? Echt? Also das war mir neu. Aber stimmt ja,
Hellseher. Es wäre nur in Ihrem Interesse, nun einen Schlussstrich zu
setzen.“
„Oh, fu- Koitus! Überrascht mich, dass du das Wort kennst.
Müssen Sie mir eigentlich aus allem einen Strick drehen?“ Ähm, nein. Du hast es dir bloß vemasselt.
Seine Antwort hörte ich nicht, denn in dem Moment tat sich unter mir ein
Abgrund auf und eine unsichtbare Kraft zerrte mich hinab. Ich sah nur noch
Petrus‘ Gesichtsausdruck, und der gefiel mir gar nicht. Viel zu fröhlich, viel
zu viele Zähne. Kurz bevor mich die Dunkelheit wieder umfing was er als Hellseher vorher schon wusste,
schrie ich mit aller Kraft:
„Ach was brauch ich Gott und den Himmel schon! Fahrt doch alle zur
Hölleeeee…"
Hölle, Hölle, Hölle, Hölle!
Eiiiiiiiskalt lässt du meine Seeeeeeele erfrier’n.
Das ist Waaaaaahnsinn! Du spielst mit meinen Gefüüüühlen!
…
Fick dich doch. Fickt euch alle. Diesen Ohrwurm wird ich nie
wieder los.