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Mittwoch, 15. Januar 2014

Un rêve noir - mit Trenchcoat und Fedorahut

Es geschah gestern Abend, als ich aus der Bahn ausstieg. Sofort merkte ich, dass ein merkwürdiger ästhetischer Zauber in der Luft lag. Es war dunkel, beinahe stockfinster, und nur die Straßenlaternen und die Lichter der Läden und  Häuserblöcke beleuchteten die Gegend. Nebel lag in der Luft, sodass alles etwas weiter weg, etwas gemalter aussah, aber nie ganz verdeckt wurde. Alles wirkte in der Dunkelheit beinahe Schwarz-Weiß. Mein Viertel, das sonst ein langweiliges Kaff ist, wurde plötzlich zu einer City Noir.

Ich bog in den Weg, den ich immer ging und betrachtete den krassen Kontrast zwischen den grellen Lichtpunkten der Straßenlaternen und dem finstere breiten Weg. Die Menschen waren in dem Licht ledigich als schwarze Umrisse erkennbar. Etwa fünfzehn bis zwanzig Meter vor mir ging eine junge Frau, elegant in schwarz gekleidet. Ihr langes, hellblondes Haar wehte bei jedem Schritt ein wenig mit und reflektierte das Licht das Laternen, sodass auch an ihr die herrlichen Kontraste zu sehen waren, die die Ästhetik des Film Noir ausmachen. Low Key Lighting nennt man das. Mein Herz schlug schneller, als ich diese Szene beobachtete, mir wurde ganz wuschig und ein Teil von mir schrie: "Filmen, Filmen, Filmen!" Ich ging genau in der Position eines unbekannten Verfolgers. War ich ein Ganove mit Trenchcoat und Fedorahut und einem alten Revolver in der Tasche, der die schöne Unbekannte umbringen wollte? War ich ein Liebhaber (oder eher eine Liebhaberin. Ho Yay ftw), der sie einholen wollte? War ich ein vom Leben gezeichneter Detektiv der zu viel Whisky trank (oder eher eine Detektivin), natürlich mit Trenchcoat und Fedorahut bekleidet, der sich von ihr irgendwelche Informationen erhoffte? Ich wusste es selbst nicht. Alles, was ich wusste, war: Diese Szene ist perfekt.

Am liebsten wäre ich zu der Frau hingerannt, hätte sie am Oberarm festgehalten und ihr mit heiserer Stimme gesagt: "Willst du unsere Schauspielerin werden? Bitte! Unsere weibliche Hautrolle hat abgesagt und unsere Gruppe würde alles dafür tun, damit unsere Ersatzschauspielerin nicht vor der Kamera mit ihrem Bruder anbändeln muss!" Alternativ hätte ich auch einfach gefragt, ob sie noch einmal die Strecke entlanggehen kann und ob ich sie dabei aus zwanzig Metern Entfernung filmen darf.

Und dann verschwand sie in einem Häusereingang und ich habe sie nicht wiedergesehen. Mein gammeliger Häuserblock nahm fast mein gesamtes Blickfeld ein, am Ende der Straße waren der Rossman und die Rohlfs-Bäckerei zu sehen, die unbedingt auch dann die Lichter anlassen und Strom verschwenden mussten, wenn sie bereits geschlossen hatten, und der Zauber war vorbei. Was blieb, war die Erinnerung an die perfekte Noir-Szene, nun mit einem schalen Beigeschmack. Mein imaginärer Fedorahut war verschwunden, vermutlich vom imaginären Wind fortgeweht, der diese herrlichen blonden Haare noch mehr zur Geltung gebracht hätte, sodass der imaginäre Film, den ich gedreht hätte, einen noch größeren Effekt hat.

Vielleicht sollte ich folgende Dinge noch erwähnen:
- Ich habe eine sehr große Schwäche für Film Noir und alle Klischees, die daraus entstanden sind, besonders aber für diese Noir-Ästhetik. Ich LIEBE Trenchcoats und Hüte. *_*
- Ich habe schon immer sehr "filmisch" gedacht, meine Geschichten als Kopfkino gesehen
- Ich habe ein Fach namens Film, das meine innere Regisseurin dazu gebracht hat, zu mutieren wie ein aggressiver Tumor
- Dieser Post ist mit dem Tag "Sinnbefreites" versehen worden. Ergo ist er auch genau das. ;)

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