♫♪ Keep calm and rock on.

Mittwoch, 19. März 2014

Anti-Hollywood-Hollywood-Realismus

First things first - ich habe wieder das alte Design. Von Gewohntem kann man sich eben doch nur schwer trennen. Und da ich gerade viel zu viel zu tun habe und eigentlich auch keine Zeit zum Bloggen (das tu ich dann aber trotzdem), muss das selbstentworfene Design auch noch auf sich warten lassen. Aber egal.

Wenn die NSA sich auch nur im Geringsten für die Leute interessieren würde, die sie bespitzelt, hätte sie mich schon längst zur Traumatherapie geschickt. Und in diverse Sucht-Selbsthilfegruppen. Und ins Gefängnis. Zum Glück sagt mein Browserverlauf eigentlich nur genau zwei Dinge über mich aus - ich mag gern Rockmusik und ich bin Autorin.

Es ist schon witzig, was man so an unnützem Wissen und Details recherchiert und austestet, die man niemals wieder im Leben brauchen wird.
Wie viel Thujon enthielt die alte Absinthrezeptur?
Wie viel Gewicht hält ein Kronleuchter?
Welche Suizidmethode war um das Jahr 200 nach Christus am weitesten verbreitet?
Wann galt man im frühen 20. Jahrhundert in Mexiko als erwachsen?
Wann wurde der erste Schnaps hergestellt? Gab es viele Methanolvergiftungen?
Kann man von Thujon Fliegen halluzinieren?
Zu welchem Sprachzweig gehört Altägyptisch?
Welcher Wasserdämon eignet sich als Name für einen Fluss?
In welchem Staat war es nochmal verboten, an einem Samstag ein Pferd auf der Straße zu erschrecken?
Wie viele Shots passen in ein Grogglas?
Welche Konsistenz hat Paprikasaft?
Welche nilosaharanischen Sprachen wurden um das Jahr 0 herum gesprochen?
Wie spielt man auf einer Doppelgitarre?
Wie viele Illustrationen hat das Kamasutra?
Was heißt dies und das und jenes eigentlich auf Esperanto?
Und noch sehr, sehr viel mehr. Die Abgründe der menschlichen Psyche, jedes ekelhafte Detail wenn es um Krankheiten, Verletzungen & co. geht, die genaue Anatomie der Milz, verrückte Sexualpraktiken, alles über Rockmusik.
(Ich liebe das. Ich recherchiere übrigens auch so alles Mögliche, selbst wenn es nichts mit der Geschichte zu tun hat, die ich schreibe. Und laufe dann mit Halbwissen, Viertelwissen und Achthundertstelwissen über 50 verschiedene Fachbereiche durch die Gegend.)

Wie auch immer. Ich bemühe mich also darum, meine Geschichten, selbst Fantasy - vor allem Fantasy - möglichst realistisch zu schreiben. Und zwar weitaus mehr als die meisten, habe ich manchmal das Gefühl. Ich bin in den Realismus vernarrt. Vor allem im Bereich Medizin und Psychologie und Psychiatrie. Ich muss ehrlich sagen, dass ich kein allzu großer Fan von Hollywood-Psychologie bin. Und so einiger Psychologie, die in der Literatur auftaucht. Wie soll ich das erklären... natürlich ist das nicht allgemein wahr, aber ich habe den Eindruck, dass psychische Probleme viel zu oft als Mittel zum Drama eingesetzt werden, wenn die Charaktere durch die Hölle gehen - aber nur so lange, wie es hübsch passt. Dem Happy End steht dann trotzdem nichts im Weg. Achja, und natürlich gibt es keine Therapeuten. Zu einem gewissen Grad geht das ja in Ordnung. Fiktion muss nicht zu 100% realistisch sein und man liest nun einmal gerne Drama und Happy Ends. Aber im echten Leben funktioniert es so eben nicht. Depression ist kein dramaturgisches Mittel, das einen Charakter interessanter erscheinen lässt, sondern eine schwere Krankheit, die in den wenigsten Fällen ohne Behandlung einfach verschwindet (dass ich genau so einen Fall persönlich kenne, lasse ich jetzt mal außen vor... Ausnahmen bestätigen ja bekanntermaßen die Regel). Ein echter Mensch wäre nach weitaus weniger Horror als so manche fiktive Charaktere ihn erleben schon schwer traumatisiert. Psychische Probleme alles Art sind weder lustig noch glamourös noch tiefsinnig, es sind Verletzungen der Seele, die mit einer gewissen Sensibilität behandelt werden sollten.
Und da ich nun einmal Hyperrealismus-Fan bin, möchte ich mich von dieser "glamourösen" Darstellung distanzieren. Nun stecke ich aber in einem kleinen Dilemma.

Einer meiner Charaktere leidet unter PTBS. Ist so, war schon lange so geplant. Und es ist absolut kein Wuder, weil er in seiner Jugend schwer traumatisiert wurde und sein Leben danach ziemlich lange eine einzige Monster Sob Story war. Es ist eher ein Wunder, dass er die Krankheit mehr oder weniger überwunden hat (auch wenn es ihm nicht immer gut geht), auch wenn er dafür auch viel Zeit hatte. Und irgendwann kehrt sie aus Gründen und wegen Dingen zurück. (Kann sich jemand denken, um wen es geht?)
Nun stellt sich mir die Frage: Wie kriege ich das unter einen Hut, seine Symptome realistisch darzustellen und es gleichzeitig glaubhaft zu machen, dass es ihm am Ende ohne Behandlung besser geht? Ich kann ihn aus mehreren Gründen nicht zum Psychodoc schicken. Es passt nicht in die Geschichte, der rote Faden würde komplett verloren gehen. Es passt nicht zu ihm. Ganz und gar nicht. Und irgendwo ist da noch der kleine Teil von mir, der immer noch eine bescheuerte Vorstellung davon vertritt, was "cool" und "stark" ist und ihn gar nicht therapieren lassen will, weil er ja dafür zu cool ist.
Gut, zu einem gewissen Grad kann ich tatsächlich sagen, er ist tough. Sehr tough sogar, um nicht zu sagen Stu-mäßig tough. Seine Lebensumstände ändern sich. Ich frage mich nur, wie weit ich damit gehen kann, ohne in die Hollywood-Psych-Schiene zu verfallen. Selbst wenn ich alles implizit lasse.

Tja, ich und meine Sorgen. Vielleicht sind sie ja unbegründet. Ich habe ja ein paar Ideen. Die meisten Leser würden es nicht einmal bemerken, wenn ich Hollywood-Psych fabriziere. Ich weiß auch gar nicht, ob es viele stören würde. Aber ich habe nun einmal Ansprüche an meine Geschichten und arbeite auf einen bestimmten Stil zu. Und wenn ich schon einem Charakter ein Trauma verpasse, dann will ich auch vernünftig damit umgehen. (Nicht, dass er sonderlich vernünftig damit umgeht.) Natürlich haben bei weitem nicht alle meine Charaktere so ernste Probleme. Das wäre leicht unrealistisch. Aber die Probleme, die sie haben, nehme ich ernst. Ist ja nicht so, dass der Eigensinn einer Charaktere langsam aber sicher in Schizophrenie ausartet. Sobald ich sie außerhalb meines Kopfes sehe oder höre, sollte ICH dann lieber zum Arzt gehen. XD Aber es sind nun einmal meine Babies.

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