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Dienstag, 10. Dezember 2013

Hallo, mein Name ist Lia und ich bin Katharsis-süchtig

Das monotone "Hallo, Lia", das die restlichen Junkies, die im imaginären Stuhlkreis hocken antworten, müsst ihr euch nun bitte einfach vorstellen.
Ich finde ja, es sollte so eine Selbsthilfegruppe für Autoren wie mich geben. Die Anonymen Katharsis-Süchtigen. Ich kann doch nicht die einzige Betroffene sein!

Aber fangen wir doch erst einmal mit einer kleinen Erklärung an. Nur für den Fall, dass jemand sich gerade am Kopf kratzt und fragt: "Worüber redet die bitte?"

Der Begriff Katharsis stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie "Reinigung" (bzw. hat etwa die gleiche Konnotation). In der Psychologie sowie in der Literatur steht Katharsis dafür, negative Gefühle und innere Konflikte zu reduzieren, indem man sie auslebt. Eine klassische Tragödie endet traditionell mit dieser "Reinigung", um den Zuschauer von Angst und Mitleid zu befreien.

Dieses Gefühl der Befreiung, wenn man negative Gefühle auslebt, beispielsweise indem man sich so richtig ausweint, kennt wahrscheinlich jeder. Eine Theorie besagt, dass "emotionale Tränen", die beim Weinen produziert werden, Stresshormone beinhalten, welche hinausgeschwemmt werden. Somit wäre Weinen auch auf rein physischer Ebene sehr gesund. Ob das wirklich stimmt, weiß ich nicht. Ich bin zwar gerade am Recherchieren, finde aber nicht genug Quellen. Soweit ich weiß, ist die Theorie jedoch noch nicht bewiesen.

Dann werde ich da eben später drauf eingehen. Für Meinungen und Wissenschaft ist sowieso der Halbe Penny da. Unter Anderem. Was jedenfalls feststeht, ist, dass das emotionale Erleben von Katharsis für die Mehrheit der Menschen real ist. In der Literatur funktioniert das so, dass man sich bei gut geschriebenen Werken in einen Charakter einfühlt. Man erlebt sowohl als Leser als auch als Autor (vielleicht sogar vor allem als Autor) die Gefühle der Charaktere mit, wenn auch auf einer etwas anderen Ebene. Wenn sich im Charakter also negative Gefühle aufstauen, dann erlebt man diesen Druck, der dadurch entsteht mit, und erst wenn der Charakter seine Gefühle hinauslässt, tut man das mit ihm zusammen. Deshalb tut es gut, vor allem die sonst beherrschten, scheinbar emotionslosen Charaktere weinen zu sehen und deshalb tut es dem Autor gut, seine Charaktere weinen zu lassen.

Ich persönlich bin der Katharsis ja schon viel zu sehr verfallen. Ich brauche sie, dringend. Sie ist besser als jede Droge. Wenn ich keine Katharsis einbaue, dann ist da die ganze Zeit dieses Brennen, dieser Drang in mir, der nur befriedigt werden kann, wenn... Moment mal. Das klingt auch nach etwas Anderem.
Jedenfalls bin ich ein absoluter Katharsis-Junkie. Zu meinem Kopfkino, das ich mit meinen Charakteren habe, gehört für gewöhnlich viel Melodrama und noch mehr Katharsis dazu. Selbst die Stoischsten heulen Rotz und Wasser. Die eigentlich sogar am häufigsten. Und die Weinszenen in anderen Werken schaue und lese ich am Häufigsten. Manchmal frage ich mich, ob das nicht nochmal zum Fetisch wird, oder zur Obsession. Und was der Datenhai Google wohl von mir hält.

Die Katharsis-Sucht kann ein wahrer Fluch für einen Autor sein. Denn so gut die Reinigung von Gefühlen auch tut, es ist in den seltensten Fällen ratsam, sie sofort einzubauen, egal wie stark der Drang ist. Immerhin möchte man als Schreiberling, dass die eigene Geschichte die Leser auch emotional fesselt. Dafür ist es unerlässlich, mit Katharsis herumzuspielen und sie dem Leser nicht sofort zu gönnen. Oder nur häppchenweise und subtil. Denn wie soll man mit einem Charakter mitfühlen, wenn man die ganze Zeit von Gefühlen bereinigt wird? Mal abgesehen davon, dass Charaktere so schnell als Heulsusen und die Geschichte als zu viel Melodrama und Mimimi gesehen werden können. Traurig? Nein. Denn die wirklich traurigen Szenen sind (zumindest für mich) die, in denen ein Charakter nicht weint, obwohl er dazu einen guten Grund hätte.

Deshalb werde ich auch nur etwa 1% der emotionalen Szenen, die ich im Kopf habe, in meine Werke einbauen, und diese in abgeschwächter Form. Um die Leser am Ball zu halten. Aber mein Gott, es zerreißt mir manchmal das Herz. Ich habe da einige Charaktere, die würde ich am liebsten sofort heulend zusammenbrechen und von jemandem in den Arm nehmen lassen. Kitsch pur. Darauf stehe ich sonst ja eigentlich gar nicht. <.< Ich werde jetzt aber nicht verraten, um welche Charaktere es sich da handelt. Wer sich mein Geschreibsel schon mal angetan hat, wird sich das vielleicht auch denken können. ;)

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